Was ist niedlicher? Ein Hase oder ein Häschen? Ein Hund oder ein Hündchen? Eine Katze oder ein Kätzchen? Natürlich sind die richtigen Antworten ein Häschen, ein Hündchen und ein Kätzchen.
Diese Wörter sind Beispiele für den sogenannten Diminutiv, auch bekannt als Verkleinerungsform. Laut Wörterbüchern müsste es zwar eigentlich das Diminutiv heißen, im Alltag ist jedoch die männliche Form der Diminutiv gebräuchlicher.
Wie die deutsche Bezeichnung Verkleinerungsform bereits andeutet, beschreibt der Diminutiv ein besonders kleines Exemplar eines Gegenstands oder Lebewesens. Zumindest in seiner Grundbedeutung. Es gibt noch einige weitere Verwendungen des Diminutivs, auf die wir im nächsten Artikel eingehen werden.
In diesem Artikel befassen wir uns mit der Bildung des Diminutivs.
Wie wird ein Diminutiv gebildet?
In der Regel wird der Diminutiv gebildet, indem man ein Suffix bzw. eine Nachsilbe an ein Nomen hängt, wie zum Beispiel:
- das Pferd → das Pferdchen
- die Katze → das Kätzlein
- der Sack → das Sackerl
Wie du beim zweiten Beispiel siehst, kann es auch vorkommen, dass sich Vokale zu Umlauten ändern (in diesem Fall a → ä) und die Endung weggelassen wird (in diesem Fall entfällt das e). Diese Besonderheiten schauen wir uns gleich der Reihe nach an.
Da der Diminutiv kleine Gegenstände und Lebewesen bezeichnet, leitet er sich fast immer von einem Nomen ab. Eine Ausnahme scheint das Wort bisschen zu sein, das entweder als Pronomen oder Adverb verwendet werden kann.
Historisch gesehen handelt es sich dabei jedoch um den Diminutiv des Nomens der Bissen. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet der Begriff also eine besonders kleine Menge, die gerade einmal so groß ist wie „ein kleiner Bissen“.
Diminutiv von Personennamen
Auch von einigen Vornamen kann man den Diminutiv bilden, um entweder auf ihr junges Alter oder eine enge Beziehung zu dieser Person hinzuweisen. Zum Beispiel:
- Hans → Hänschen
- Pauline → Paulinchen
- Marie → Mariechen
Es ist jedoch zu beachten, dass die Bildung des Diminutivs nicht bei jedem, sondern nur bei bestimmten Vornamen üblich ist. Bei vielen Vornamen würde der Diminutiv eigenartig klingen. Kaum jemand würde Danielchen oder Christophchen sagen.
Anhängen von Suffixen
In der deutschen Schriftsprache verwendet man zur Bildung des Diminutivs meist das Suffix chen und lein, in Österreich zudem auch erl. Es gibt noch eine Vielzahl anderer Diminutivendungen, die jedoch hauptsächlich in Dialekten verwendet werden und auf die hier nicht näher eingegangen wird.
Der Diminutiv auf lein wird heutzutage gelegentlich als veraltet wahrgenommen, weshalb man häufiger auf die Nachsilbe chen trifft. In der Regel bleibt es jedoch dem Sprecher überlassen, ob er den Diminutiv mit chen oder lein bildet:
- die Katze → das Kätzchen, oder: das Kätzlein
- der Baum → das Bäumchen, oder: das Bäumlein
Endet das Nomen jedoch auf ch, so wird der Diminutiv aufgrund der Aussprache fast ausschließlich mit lein gebildet:
- der Bach → das Bächlein (nicht:
das Bächchen) - das Buch → das Büchlein (nicht:
das Büchchen)
Diminutiv auf erl in Österreich
In der österreichischen Standardsprache kann als Alternative zu chen auch das Suffix erl verwendet werden. Hier ein paar Beispiele:
- der Bauch → das Bäuchlein, oder: das Baucherl
- die Flasche → das Fläschchen, oder: das Flascherl
- der Hase → das Häschen, oder: das Haserl
- der Hund → das Hündchen, oder: das Hunderl
- die Katze → das Kätzchen, oder: das Katzerl
Es gibt jedoch auch einige Wörter, von denen der Diminutiv in Österreich fast ausschließlich mit erl gebildet wird. Oft haben die Wörter dann eine spezielle Bedeutung. Hier sind einige Beispiele:
- das Achterl: ein achtel Liter Wein
- das Eichkatzerl: das Eichhörnchen
- das Gurkerl: die Essiggurke
- das Häferl: die Tasse
- das Hakerl: das Häkchen
- das Kipferl: ein Gebäck
- das Krügerl: ein halber Liter Bier
- das Sackerl: die Tüte, der Beutel
- das Semmerl: die Semmel
- das Wagerl: der Kinderwagen, der Einkaufswagen
- das Weckerl: das Brötchen
- das Zuckerl: das Bonbon
Bei einigen Diminutiven ist das ursprüngliche Nomen kaum noch oder gar nicht mehr gebräuchlich. In unserem nächsten Artikel gehen wir näher auf diese verselbständigten Diminutive ein.
Umlaut
Wie bereits erwähnt, ändert sich beim Diminutiv von einigen Wörtern der Vokal zu einem Umlaut. In den meisten Fällen werden die Vokale a, o und u vom Wortstamm auf die Umlaute ä, ö und ü geändert, wenn der Diminutiv mit chen oder lein gebildet wird. Hier ein paar Beispiele:
- der Affe → das Äffchen
- die Stadt → das Städtchen
- das Dorf → das Dörfchen
- das Brot → das Brötchen
- der Hund → das Hündchen
- das Buch → das Büchlein
Auch wenn das ursprüngliche Nomen mit einem Doppelvokal geschrieben wird, kann daraus ein Umlaut werden. Allerdings schreibt man den Umlaut dann nicht doppelt, sondern nur einmal. Hier ein paar Beispiele:
- das Haar → das Härchen
- der Saal → das Sälchen
- das Boot → das Bötchen
Bei Nomen, die mit au geschrieben werden, wird aus a ebenfalls ein Umlaut:
- der Bauch → das Bäuchlein
- die Maus → das Mäuschen
Anders verhält es sich bei Nomen mit ai. Hier bleibt das ai erhalten:
- der Laib → das Laibchen (nicht:
das Läibchen)
Bei den österreichischen Diminutiven auf erl hingegen bleibt der Vokal oft erhalten und wird nicht zum Umlaut. So heißt es zum Beispiel das Haserl und nicht das Häserl.
Entfall der Endung
Bei den Beispielen Kätzchen, Häschen, Äffchen und Paulinchen haben wir bereits gesehen, dass bei der Bildung des Diminutivs die Endung des ursprünglichen Nomens entfallen kann. Das ist normalerweise dann der Fall, wenn das Nomen auf e oder en endet und diese Endung unbetont ist. Hier ein paar Beispiele:
- die Rose → das Röschen
- die Katze → das Kätzchen
- der Hase → das Häschen
- der Garten → das Gärtchen
- der Haken → das Häkchen
- der Haufen → das Häufchen
Falls der Diminutiv mit lein oder erl gebildet wird, fällt auch die Endung elvom ursprünglichen Nomen weg. Falls der Diminutiv jedoch mit chen gebildet wird, bleibt die Endung el erhalten:
- der Esel → das Eslein, das Eserl, aber: das Eselchen
- der Vogel → das Vöglein, das Vogerl, aber: das Vögelchen
- der Spiegel → das Spieglein, das Spiegerl, aber: das Spiegelchen
- die Semmel → das Semmlein, das Semmerl, aber: das Semmelchen
- der Löffel → das Löfflein, das Löfferl, aber: das Löffelchen
Geschlecht des Diminutivs
Der Diminutiv ist immer sächlich, das heißt der Artikel ist immer das. Das Geschlecht des ursprünglichen Nomens, von dem der Diminutiv gebildet wird, ist dabei irrelevant:
- der Hund → das Hündchen (nicht:
der Hündchen) - die Katze → das Kätzchen (nicht:
die Kätzchen) - der Bach → das Bächlein (nicht:
der Bächlein) - der Sack → das Sackerl (nicht:
der Sackerl)
Das erklärt auch, warum es das Mädchen heißt: Das Wort entwickelte sich aus das Mägdchen, dem Diminutiv von die Magd. Auch wenn sich die Bedeutung des Wortes gewandelt hat, ist der Artikel das geblieben. Dass das Mädchen eine weibliche Person bezeichnet, ist dabei irrelevant.
Plural von Diminutiven
Die Plural- und Singularform von Diminutiven sind ident. Das heißt, man erkennt den Plural nur am Artikel die, dem Fehlen des unbestimmten Artikels ein, einem konjugierten Verb im Plural oder der Endung eines zugehörigen Adjektivs. Hier ein paar Beispiele:
- Singular: das Mädchen
- Plural: die Mädchen
Da das Wort Mädchen sächlich ist, kann sich der Artikel die nur auf den Plural beziehen.
- Singular: Ich sehe ein Mädchen.
- Plural: Ich sehe Mädchen.
Da Mädchen ein sogenanntes zählbares Nomen ist, benötigt man für den Singular immer einen Artikel. Falls man von einem nicht konkreten Mädchen spricht, verwendet man den unbestimmten Artikel ein. Wenn das Wort ohne Artikel steht, muss es sich um einen Plural handeln.
- Singular: Mädchen, komm!
- Plural: Mädchen, kommt!
Die Verbform komm im ersten Satz ist der Imperativ Singular von kommen. Es wird also ein einziges Mädchen aufgefordert, zu kommen. Bei kommt im zweiten Satz handelt es sich hingegen um den Imperativ Plural. Es werden daher mehrere Mädchen aufgefordert, zu kommen.
- Singular: schönes Mädchen
- Plural: schöne Mädchen
Im Nominativ (1. Fall) und Akkusativ (4. Fall) endet das Adjektiv im Neutrum Singular immer auf es (z.B. schönes). Im Plural ist die Endung e (z.B. schöne), sofern nicht der bestimmte Pluralartikel die oder das Indefinitpronomen keine davor steht.
Fazit
In diesem Artikel haben wir gelernt, wie man auf Deutsch den Diminutiv von Nomen bildet. Neben den Suffixen chen und lein findet man im österreichischen Standarddeutsch auch erl. In Dialekten existieren zudem noch zahlreiche andere Endungen.
Häufig wird der Vokal des ursprünglichen Nomens durch einen Umlaut im Diminutiv ersetzt. Auch unbetonte Endungen wie e und en können bei der Bildung des Diminutivs entfallen.
Der Diminutiv ist immer sächlich; der bestimmte Artikel des Diminutivs lautet also immer das. Die Pluralform des Diminutivs ist mit der Singularform ident, sodass eine Unterscheidung nur aufgrund anderer Merkmale möglich ist, z.B. mit dem Pluralartikel die.
In diesem Artikel haben wir ausschließlich der Bildung des Diminutiv gewidmet. In unserem nächsten Artikel beschäftigen wir uns mit seiner Verwendung. Auch wenn sich der Diminutiv in seiner Grundbedeutung auf die geringe Größe bezieht, drückt er in der Regel weit mehr aus.
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